tatsächlich ?

 

Im Polit-Sprech derer, die öffentlich Richtiges zu sagen beanspruchen, klingt seit langem das Wort "tatsächlich" in den Ohren. Keine drei Sätze, in denen das Wort nicht mindestens einmal verwendet wird, tatsächlich! Moderationen, Stellungnahmen, Pressekonferenzen oder einfach O-Töne von der Straße kommen ohne es nicht mehr aus. In Zeiten wie diesen, in denen Meinungen wie Tatsachen verkündet werden, hilft die Sprache, sie tatsächlich glaubhaft zu machen. Wo fakes in Print-und TV-Medien und in SM-Formaten die Meinungslandschaft vielfältig, beliebig und bunt bereichern, muss bei Bedarf klargestellt, muss Richtiges tatsächlich als Wahres deutlich gemacht werden. Wer dieses Wort immer wieder in den Mund nimmt, zeigt deutlich, wie sehr er oder sie möchte, dass die Argumente wohl wahr sind, sein sollten und müssten. Ins Wort gebrachtes Wunschdenken. Auffallend, wie sehr ideologisches Reden davon geprägt ist und halbwissendes Argumentieren davon lebt. 

 

Und Pilatus lässt grüßen.

 

In Zeiten wie diesen, in denen "Alles-ist-relativ" zum profanen Dogma erhoben worden ist, - trotz dieser contradictio in adiecto, da erlangt die Beliebigkeit von Ansichten und Beurteilungen sakralen Kultstatus. Was heute tatsächlich ist, kann allerdings schon morgen tatsächlich falsch sein. Die Wahrheit einer Beurteilung will sich heute als "richtig" bewahrheiten auch wenn sie morgen schon - im rechten Licht gesehen - fragwürdig geworden ist. "Die eine Wahrheit darf und kann es nicht geben." Tatsächlich? Diese Aussage ist dennoch seit längerem als richtig und wahr en vogue. Wahrheit? In unwahren Denk- und Sprachräumen will zumindest sprachlich eine Ahnung von Wahrheit durchschimmern, - tatsächlich.

tatsächlich oder wahr?    Glauben statt Wissen?    Irrational glauben, - das neue Dogma?    Beliebigkeit statt Klarheit?    Willkür statt Wahrheit?    Ideologie statt Logik?

Ein Klärungsversuch zwischen Hegel und Heidegger, zwischen Thomas von Aquin und Tugendhat, zwischen  Puntel und Habermas, - ohne Anspruch auf das Ganze. Denn, nur "das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen. Es ist von dem Absoluten zu sagen, dass es wesentlich Resultat, dass es erst am Ende das ist, was es in Wahrheit ist; und hierin eben besteht seine Natur, Wirkliches, Subjekt oder Sich-Selbst-Werden zu sein."

G.W.F. Hegel

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Wirklichkeit ?

.                S e h e n    g e s t a l t e t    W i r k l i c h k e i t                 .

Abhängig

von den Augen,

Ansichten, Sichtweisen und Interessen,

etwas so oder so sehen zu wollen

 

Wirklichkeit entsteht im Auge des Betrachters

wie  e r  wahrnehmen kann und will

 

Fotografie verwirklicht,

was der Fotograf wirklich werden lassen will

interpretiert, was wirklich erscheinen soll

 

Die Vorstellung,

das Element der Religion,

 hat es nur noch mit inneren Bildern zu tun

 

*

 

"Die Form der sinnlichen Anschauung gehört der Kunst an,

 so dass die Kunst es ist, welche die Wahrheit

in der Weise sinnlicher Gestaltung

für das Bewußtsein hinstellt,

 

 und zwar einer sinnlichen Gestaltung,

 welche in dieser ihrer Erscheinung selbst

einen höheren, tieferen Sinn und Bedeutung hat,

 

 ohne jedoch durch das sinnliche Medium hindurch den Begriff

als solchen in seiner Allgemeinheit erfaßbar machen zu wollen ..."

( Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen zur Ästhetik )

 

*

 

Kunst

"ist Sinngebung, Sinngestaltung, gleich Gottsuche und Religion"

 

(Gerhard Richter, Notizen 1962)

 

"Mittel, Transzendenz erfahrbar zu machen

und Religion zu verwirklichen . . . Religion selbst"

 

(Gerhard Richter, Notizen 1964-1965)

 

 

Kunst zeigt mehr als man sieht

bringt Anderes vor Augen als man zunächst zu sehen glaubt

öffnet Fenster zu neuen Wirklichkeiten

macht Hintergründe transparent

bringt Erstarrtes in Bewegung

gibt scheinbar Belanglosem Bedeutung

präsentiert Sakrales in neuem Licht

sensibilisiert für Heiliges

 

 

"In der Gegenwartskunst liegt ein Potential,

das verstört und korrigiert.

Sie kann ideologische Erstarrungen aufbrechen"

( Hermann Glettler, Bischof von Innsbruck )